Künstliche Intelligenz in der Direktvermarktung: Praxis-Tipps von der Agrialp Bozen

Wie Höfe und Verbände KI im Alltag wirklich nutzen können – mit einfachen Workflows für Texte, E-Mails, Produktfotos und Kommunikation und vielen Praxistipps aus Vorträgen und Beratungsprojekten wie am Ausser Brugghof.

Künstliche Intelligenz in der Direktvermarktung: Praxis-Tipps von der Agrialp Bozen

Wie Höfe und Verbände KI im Alltag wirklich nutzen können – mit einfachen Workflows für Texte, E-Mails, Produktfotos und Kommunikation und vielen Praxistipps aus Vorträgen und Beratungsprojekten wie am Ausser Brugghof.

Künstliche Intelligenz in der Direktvermarktung

Wie Höfe, Projekte und Verbände mit KI Zeit sparen – und näher an ihre Kund:innen rücken

Es ist still im Saal der Agrialp in Bozen. Vorne die Frage:
„Wer von Ihnen hat schon einmal mit ChatGPT oder einer anderen KI gearbeitet?“

Einige Hände gehen hoch – aber längst nicht alle. Gleichzeitig nicken viele, als es um die eigentliche Herausforderung geht:

  • zu wenig Zeit für Kommunikation
  • zu viele Mails mit immer gleichen Fragen
  • Social Media, das „eigentlich“ gemacht werden sollte
  • und daneben: Stall, Feld, Vermarktung, Familie

Genau hier setzt unser Vortrag „KI einfach nutzen – Konkrete Anleitungen für Direktvermarkter:innen“ an:
nicht mit Zukunftsversprechen, sondern mit ganz konkreten Beispielen aus dem Hofalltag.

👉 Den gesamten Vortrag von der Agrialp 2025 können Sie hier als Video ansehen:

1. KI am Hof: Werkzeug, nicht Wundermittel

Künstliche Intelligenz klingt nach Science-Fiction – ist aber im Alltag oft ganz unspektakulär:
Sie sortiert Texte, erkennt Muster und schlägt Formulierungen vor.

Im Kern ist KI nichts anderes als Statistik und Wahrscheinlichkeitsrechnung:

Sie „liest“, welche Wörter typischerweise nebeneinander stehen, sie „schätzt“, welches Wort am wahrscheinlichsten als Nächstes kommt, und sie „antwortet“ so, als hätte sie verstanden – obwohl sie eigentlich nur Muster nachrechnet.

Im Vortrag zeigen wir das mit einem einfachen Beispiel:

„Rosen sind rot, Veilchen sind …?“

Fast alle denken „blau“. Viele KI-Modelle auch. Nur: Botanisch sind Veilchen eher violett.
Die KI orientiert sich an typischen Textmustern – nicht an der Realität im Garten.

Das ist die wichtigste Botschaft für Höfe, Projekte und Verbände:

  • KI kann sehr viel Arbeit abnehmen,
  • sie kann aber auch Fehler machen – und tut das mit voller Überzeugung.

Oder anders gesagt:
KI ist Ihr Assistent – nicht der Betriebsleiter.

2. Warum KI gerade für Direktvermarkter:innen spannend ist

Die meisten Direktvermarkter:innen sind nicht gestartet, weil sie Lust auf Produkttexte, Aushänge und Social-Media-Planung hatten.

Sie sind gestartet, weil sie:

  • großartige Lebensmittel herstellen
  • Tiere mit Herz und Verstand halten
  • Genuss, Handwerk und Region in Gläser, Flaschen und Pakete packen

Und trotzdem entscheidet am Ende Kommunikation oft darüber, ob ein Produkt im Einkaufswagen landet – oder im Regal stehen bleibt.

Typische Herausforderungen, die uns in Beratungen begegnen:

  • „Ich sitze abends noch eine Stunde an Mails – immer zu den gleichen Themen.“
  • „Ich weiß, dass ich auf Instagram aktiver sein sollte – aber wann?“
  • „Produktbeschreibungen? Ja, müssten wir… irgendwann.“

Genau hier hilft KI – nicht als Ersatz für Ihre Stimme, sondern als Turbo für Routinen.

3. Konkrete Einsatzbereiche: Wie KI im Hofalltag wirklich hilft

Im Vortrag auf der Agrialp haben wir bewusst nur Tools gezeigt, die Sie heute schon kostenlos oder sehr günstig nutzen können – am Handy oder am Laptop. Dabei haben wir drei Werkzeuge besonders hervorgehoben: ChatGPT, Canva und Gemini.

ChatGPT dient dabei als Allrounder, wenn es um Text geht: Produktbeschreibungen, E-Mail-Antworten, Social-Media-Ideen oder kleine redaktionelle Aufgaben. Canva wiederum unterstützt bei allem, was grafisch gestaltet werden muss – von Hofaushängen über Flyer bis hin zu Beiträgen für Facebook oder Instagram. Und Gemini, das KI-Modell von Google, übernimmt stärker den Bereich der Bildgenerierung. Besonders spannend ist hier das Bildmodell Nano Banana, mit dem sich aus einfachen Handyfotos in wenigen Sekunden hochwertige Produktbilder erzeugen lassen – inklusive verschiedenen Stimmungen, Hintergründen und Jahreszeiten.

Gemeinsam zeigen diese drei Tools, wie breit das Spektrum an praktischer Unterstützung im Hofalltag mittlerweile ist: von der Textarbeit über Layout bis hin zu professionell wirkenden Bildern, die sonst viel Zeit und Geld kosten würden.

3.1. Produktbeschreibungen im eigenen Stil

Stellen wir uns einen typischen Hofladen in Südtirol oder Tirol vor:

  • Es gibt bereits einige Produkte mit schönen Beschreibungen auf der Website.
  • Jetzt kommt eine neue Erdbeermarmelade dazu – und der Text fehlt.

Statt bei Null zu starten, können Sie KI wie zum Beispiel ChatGPT folgendermaßen nutzen:

  1. Bestehenden Text eines anderen Produkts kopieren (z. B. Marillenmarmelade).
  2. In die KI schreiben:

„Hier ist eine Produktbeschreibung aus meinem Hofladen. Bitte erstelle auf Basis dieses Stils eine neue Beschreibung für meine Erdbeermarmelade.“

Text einfügen, abschicken, fertig.

Das Ergebnis ist meist:

  • im gleichen Tonfall wie Ihre bisherigen Texte
  • klar strukturiert
  • in wenigen Sekunden verfügbar

Sie lesen einmal drüber, ändern ein paar Formulierungen – der Rest ist erledigt.

In unserem Praxisleitfaden „Künstliche Intelligenz in der Direktvermarktung“ haben wir diese Art von Einsatzfeldern ausführlich beschrieben und mit weiteren Beispielen hinterlegt.

Generierte Produktbeschreibung mit ChatGPT 5.0

3.2. E-Mails: Wiederkehrende Anfragen automatisch beantworten

Viele Betriebe kennen diese Art Mail:

„Wir haben bei Freunden Ihren Himbeerlikör probiert und wären begeistert.
Versenden Sie auch nach Oberösterreich? Wie läuft die Bestellung ab? Bieten Sie Gutscheine an?“

Einzeln beantwortet ist das schnell einmal eine Viertelstunde Arbeit.
Bei fünf ähnlichen Mails am Tag sprechen wir schon von einer Stunde.

Unser Ansatz im Vortrag:

  1. Alle wichtigen Infos sammeln
    • Texte von der Website
    • Produktübersicht
    • Preise, Versand, Öffnungszeiten
    • Antworten auf typische Fragen
  2. Daraus eine einzige PDF machen:
    • eine Art „Wissensspeicher“ Ihres Hofes
  3. Diese PDF in ChatGPT hochladen und sagen:

„Bitte beantworte folgende E-Mail auf Basis dieser PDF im freundlichen, wertschätzenden Ton eines Direktvermarkter-Hofes.“

-> E-Mail kopieren – KI antworten lassen – einmal prüfen – abschicken.

So entsteht nach und nach ein System, bei dem:

  • die KI Ihre Sprache lernt,
  • Sie immer weniger von Grund auf neu schreiben,
  • und Ihre Kund:innen trotzdem persönliche, individuelle Antworten bekommen.

Wichtig bleibt: Sie geben die Rahmenbedingungen vor – die KI hilft nur, schneller zu formulieren.

3.3. Produktfotos: Von der Handyaufnahme zum professionellen Bild

Gute Produktfotos sind Gold wert – aber:

  • ein Fotoshooting kostet Zeit und Geld
  • nicht jedes neue Produkt rechtfertigt gleich einen Fotografen

Im Vortrag haben wir gezeigt, wie man mit Gemini (Google) und seiner Bildfunktion aus einem simplen Handyfoto ansprechende Produktbilder generieren kann.

Der Ablauf:

  1. Produkt einfach auf den Tisch oder eine neutrale Fläche stellen.
  2. Mit dem Handy fotografieren.
  3. In Gemini hochladen und z. B. schreiben:

„Erstelle daraus ein Produktfoto mit den Drei Zinnen im Hintergrund. Das Produkt soll auf einem Baumstumpf stehen.“

-> Danach z. B. ergänzen:

„Bitte als Wintermotiv mit Schnee.“

Das Ergebnis:

  • Social-Media-taugliche Bilder
  • in unterschiedlichen Stimmungen (Sommer, Winter, Frühling)
  • ohne jedes Mal vor Ort zu fotografieren

Ehrlicher Hinweis:
KI hat noch immer Schwächen bei Etiketten und Schrift. Logos oder Beschriftungen können leicht verfremdet sein. Für Social Media ist das oft kein Problem – fürs Etikett im Shop sollten Sie immer auf echte Fotos setzen oder das Etikett nachträglich austauschen.

Von der Prompt zum fertigen Produkt-Mockup mit Google Gemini

3.4. Hofaushänge & Flyer mit Canva

Ob „Keine Eier – unsere alten Hennen ziehen aus“ oder Einladung zum Hoffest:
Aushänge kosten Text- und Layoutzeit.

Mit Canva (kostenlos startbar) können Sie:

  1. In einem Textfeld kurz beschreiben, was Sie brauchen – z. B.:

„Gestalte einen Aushang für den Hofladen. Überschrift: ‚Aktuell keine Eier – unsere alten Damen ziehen aus.‘ Text: kurze Erklärung zur Umstellung des Stalls und Dank für das Verständnis. Freundlich, klar, gut lesbar.“

  1. Ein Design auswählen, das zur Hofmarke passt.
  2. Farben an Ihren Betrieb anpassen, Logo ergänzen, fertig.

So ist ein professioneller Hofaushang oft in 10–15 Minuten fertig – statt in einer Stunde.

Hofaushänge generieren mit ChatGPT und Canva AI

4. Praxis aus Südtirol: Was wir am Ausser Brugghof gelernt haben

Unser Wissen stammt nicht nur aus Vorträgen und Theorielektüre.
Es ist vor allem in Beratungsprojekten mit Direktvermarkter:innen in Südtirol gewachsen.

Ein besonders spannender Einblick war dabei der Ausser Brugghof in Katharinaberg (Schnalstal).
Im Auftrag des Südtiroler Bauernbunds durften wir den Betrieb in einem Pilotprojekt begleiten:

  • Wie kann KI den Hofalltag konkret unterstützen?
  • Wo hilft Automatisierung wirklich – und wo bleibt sie draußen?

Im Mittelpunkt standen:

  • Direktvermarktung & Hofladen-Kommunikation
  • Buchhaltung & Administration
  • Social Media & Marketing

Gemeinsam mit dem Betrieb haben wir ausprobiert:

  • Wo KI bei wiederkehrenden Aufgaben (z. B. E-Mails, Textbausteine, Auswertungen) Zeit spart
  • Wo menschliches Fingerspitzengefühl unersetzbar ist (z. B. bei Produktversprechen, rechtlichen Themen, sensibler Kommunikation)
  • Welche einfachen Workflows zu einem spürbar entspannteren Alltag führen

Ein Teil der Erkenntnisse, Beispiele und Warnhinweise aus diesem Projekt sind direkt in unseren Vortrag auf der Agrialp eingeflossen – und in unsere Angebote für Höfe und Organisationen im Alpenraum.

👉 Mehr Einblicke in das Pilotprojekt „Ausser Brugghof – Einsatz von KI am Hof“ finden Sie hier.

Dort zeigen wir ausführlicher, wie ein einzelner Betrieb Schritt für Schritt seine eigenen KI-Workflows aufbaut – ohne die Hoheit über die Inhalte aus der Hand zu geben.

5. Blick nach vorn: KI-Video & Deepfakes – Chance und Herausforderung

Im letzten Teil des Vortrags haben wir einen Ausblick gewagt:

  • KI-generierte Videos, die auf Basis weniger Sekunden Gesicht und Stimme ganze Clips erzeugen
  • Tools wie Sora oder Veo, die aus einem Textprompt beeindruckende Landschafts- oder Werbevideos erzeugen

Für die Landwirtschaft und Direktvermarktung kann das spannend sein:

  • Hofvideos, ohne jedes Mal ein Kamerateam holen zu müssen
  • Erklärvideos zu neuen Angeboten, Abläufen oder Projekten

Gleichzeitig steigt das Risiko für:

  • täuschend echte Fake-Videos
  • manipulierte Inhalte in Social Media

Wichtiger denn je wird daher:

  • ein kritischer Blick auf Inhalte
  • Transparenz darüber, was echt und was KI-generiert ist
  • klare interne Richtlinien, wie Betriebe, Projekte und Verbände KI im Bild- und Videobereich einsetzen wollen

6. Wie Sie konkret starten können – in Hof, Projekt oder Verband

Damit KI nicht abstrakt bleibt, lohnt sich ein sehr pragmatischer Einstieg.
Unser Vorschlag, den wir auch auf der Agrialp vorgestellt haben:

Schritt 1: Einen Bereich wählen

Zum Beispiel:

  • Produkttexte im Online-Shop
  • E-Mail-Antworten auf häufige Fragen
  • Social-Media-Posts für zwei Kanäle
  • Hofaushänge und Infozettel

Schritt 2: Ein Tool wählen

  • Text: z. B. ChatGPT, Claude oder Gemini
  • Bild: z. B. Midjourney, DALL·E, Gemini Image Tools
  • Layout: z. B. Canva

Wichtig: Lieber ein Tool gut kennen, als fünf halb.

Schritt 3: Einen kleinen Workflow definieren

Beispiel E-Mail-Antworten:

  1. Alle Infos in einer PDF sammeln
  2. PDF in der KI hinterlegen
  3. KI-Antwort generieren lassen
  4. Prüfen, anpassen, abschicken
  5. Neue Fragen in die PDF aufnehmen – damit ihr System „mitlernt“

Schritt 4: Intern Regeln vereinbaren

Gerade für Projektkoordination, Beratungsstellen, Kammern und Verbände sinnvoll:

  • Was darf in KI-Tools hochgeladen werden – und was nicht?
  • Welche Texte dürfen automatisiert entstehen – welche nicht?
  • Wer prüft finale Inhalte vor Veröffentlichung?

So wird KI im Alltag zu einem Werkzeug, das:

  • Zeit spart,
  • Qualität sichert,
  • und Ihnen mehr Raum lässt für das, was Direktvermarktung und Landwirtschaft ausmacht:
    echte Begegnungen, ehrliche Produkte und eine starke Region.

Jetzt ist der richtige Moment, KI in die eigenen Hände zu nehmen

Künstliche Intelligenz ist kein Hype, der wieder verschwindet – sie wird bleiben.
Die Frage ist nicht, ob sie in der Landwirtschaft ankommt, sondern wie:

  • als unüberschaubare Welle von Tools,
  • oder als bewusst eingesetztes Werkzeug, das Ihnen Rückhalt im Alltag gibt.

Unser Vortrag auf der Agrialp in Bozen, unsere Beratungen mit Betrieben in Südtirol – wie am Ausser Brugghof – und unsere Arbeit an Projekten und Kampagnen zeigen:

Wer klein anfängt, gezielt ausprobiert und die Kontrolle behält,
gewinnt Zeit, Klarheit und Spielraum für das Wesentliche.

Wenn Sie:

  • in der Direktvermarktung aktiv sind,
  • einen Betrieb in der Landwirtschaft führen,
  • Projekte koordinieren
  • oder als Kammer / Verband Ihre Mitglieder unterstützen möchten,

dann lohnt sich der nächste Schritt: KI nicht nur zu beobachten – sondern aktiv zu gestalten.

Der Südtiroler Bauernbund (SBB) hat uns eingeladen, in einem eigenen Artikel zu erklären, wie KI Direktvermarkter:innen entlasten kann und wo die Grenzen liegen. Hier wurde in einem gemeinsamen Interview zusammen mit Renate Anna Rubner treffend zusammengefasst, was wir in Workshops und Beratungen immer wieder betonen:

KI spart Zeit – aber ersetzt nicht den Menschen.

Das gesamte Interview kann hier nachgelesen werden.